Geliebter @HSV! Das geht so nicht weiter mit uns. Mir geht es in der Beziehung derzeit nicht gut. Wir brauchen dringend eine Paartherapie!
— Tanja (@fschmidt77) 1. Juni 2015
Das Leben eines Fußball-Fans im Abstiegskampf ist hart. Und Relegation ist härter… Eigentlich wollte ich nach der Nervenschlacht des vergangenen Jahres ja nicht mehr, aber verdammt, dieser Verein hat’s mir angetan, hilft alles nix. Also auf nach Karlsruhe, zusammen mit dem großartigen Kai. Unterwegs in einem der Löcher rund um Heidelberg noch einen weiteren Mitstreiter eingesammelt, rein nach Karlsruhe und… Stau, warten, ungeduldiger werden und dann irgendeinen Parkplatz in unmittelbarer Ferne zum Stadion genommen. Fußmarsch, Einlasskontrolle (dass ich meine Handtasche von Sprengstoffhunden abschnüffeln lassen muss, kannte ich bisher auch noch nicht), Stehplatz suchen, Fußball.
Verdammt, können 90 Minuten lang sein – und dann doch gleichzeitig so wahnsinnig kurz, wenn du unbedingt ein Tor deiner Mannschaft brauchst. Der Mitstreiter unkt das ganze Spiel, dass am Ende vdv ein Ding reinmacht, um dann im Elfmeterschießen zu verballern. Dann der Freistoß in der 90. Minute (ich beteilige mich nicht an den Diskussionen berechtigt oder unberechtigt, das konnte ich nicht sehen. Was ich sehen konnte, war, dass Gräfe insgesamt sehr gut gepfiffen hat.), vdv und Diaz stehen am Ball und ich denk mir nur „Den haut vdv in die Mauer und das war’s“. Aber aus irgendeinem Grund schießt Diaz und das perfekt in die Ecke. Marcelo, du kleiner, chilenischer Wurzelzwerg, ich hoffe sehr, dass du kommende Saison von Verletzungen verschont bleibst und uns allen richtig zeigst, was du eigentlich drauf hast. Das Tor war ein fantastischer Ausblick darauf!
1:1 nach 94 Minuten regulärer Spielzeit, also gab es mal wieder Bonus-Minuten mit dem HSV. Innerlich überlegst du dir schon potenzielle Elfmeterschützen und dann kommt einfach der „Fehleinkauf“ Müller daher und macht das 2:1. Nach Vorlage von Stürmer Cleber Reis. Ernsthaft?! Wie soll man denn als HSV-Fan normal sein, wenn die Mannschaft sowas mit einem veranstaltet? Der gehaltene Elfmeter von Adler ging im allgemeinen Jubel fast unter. Und: Ja. wir haben gefeiert! Wir haben ein sehr, sehr wichtiges Spiel gewonnen! Sorry, aber wer das nicht versteht, ist durch seine Antipathien verblendet. Wir sind HSV-Fans, freuen uns über Siege der Mannschaft, auch dann wenn es gegen den Abstieg geht. Viel mehr haben wir ja auch nicht…
Ich habe gestern auch meinen Frieden mit Bruno Labbadia gemacht. Er mag uns das EL-Finale daheim gekostet haben (oder waren es doch einige Spieler, die egoistisch gegen den Trainer spielten?), aber ohne den Trainer Labbadia wären wir noch in der regulären Saison abgestiegen. Er hat der Mannschaft innerhalb kürzester Zeit eine grobe Spielidee vermittelt, so dass sie in sieben von acht Spielen unter Labbadia trafen. Ohne Labbadia trafen sie in sieben von acht Spielen NICHT… Seine Interviews halte ich immer noch für einen Fall fürs Phrasenschwein, aber das ist mir fürs Erste scheißegal.
Tja, und dann kam der Heimweg. Als hätten die 120 Minuten Nervenschlacht nicht gereicht, gerieten wir noch in einen weiteren kleinen Albtraum wie aus einem schlechten Film. Und das ging so: Die Fantrennung verhinderte den direkten Weg zu unserem Parkplatz in unmittelbarer Ferne. Nach ein paar Gesprächen mit absperrenden Polizisten (die übrigens größtenteils sehr freundlich und hilfsbereit waren) schickte man uns auf einen Umweg durch den Wald. Die Szenerie ist so schon recht unheimlich: Zunächst noch eine Stückchen Weg, das als Parkplatz verwendet wurde und zumindest noch etwas beleuchtet war, folgte dann ein unbefestigter, komplett unbeleuchteter Waldweg. Auf dem Parkplatz-Stück war unser Mitstreiter dann plötzlich einige Meter hinter uns zurück geblieben. Während wir zunächst vermuteten, dass er nur kurz durchs Telefonieren verlangsamt war, erzählte er uns dann, dass er gerade von zwei Karlsruhern durch Bedrohung durch einen Gegenstand (Messer?) zwischen zwei Autos gezerrt wurde und gefragt wurde „Wo sind sind eure Ultras? Wo sind eure Ultras?“. Ok, erster Gedanke: Schnell weg hier, also rein in den Wald. Nach ca. 200 Metern kam dann eine Weggabelung, wo wir schemenhaft eine Gruppe von ca. 20 Leuten ausmachen konnten, die den Weg blockierten und auf irgendwas bzw. irgendwen warteten. Nach der vorherigen Begegnung war uns das nicht geheuer, also Rückzug in den beleuchteten Teil. Diskussion, wie wir jetzt weiter kommen. Zurück zur Straße. An der Straße stand dann einige Polizisten, denen wir unsere Erlebnisse im Wald schilderten und die uns dann zunächst das beleuchtete Stück begleiteten. Ein bisschen beruhigter traten wir dann erneut den dunklen Weg an, um dann wieder an der Gabelung die wartende Gruppe zu erblicken. Nun kam noch ein bisschen mehr Panik bei uns auf, weil ab da 100%ig klar war, dass die nichts Gutes im Schilde führten. Einer von uns meinte dann nur „schnell zurück!“ und als wir uns umdrehten und weggehen wollten, setzte der Trupp sich auch in Bewegung – uns hinterher. Ganz ehrlich: Im stockdunklen Wald geht dir da echt die Muffe! Zum Glück stießen nach wenigen Metern schon unsere Freunde und Helfer (danke!) wieder zu uns und verfolgten die unheimliche Gruppe in den Wald. Sie bogen dann ab, während wir weiter geradeaus mussten. Wir also weiter, als plötzlich hinter uns nur der Ruf erklang „Lauft!“ und irgendwelche Gestalten in unsere Richtung rannten. Wir also auch erstmal die Beine in die Hand genommen, aber das schien mir bei meiner sportlichen Verfassung kein aussichtsreiches Unterfangen, also blieb ich stehen im finsteren Wald, die Arme von mir gestreckt, hoffend, dass die alte Hooligan-Regel, dass man keine Frauen schlägt, noch gilt. Dann rannten zwei Typen an mir vorbei und glücklicherweise auch an meinen Begleitern, die ein Stück weiter ebenfalls stehen geblieben waren. Und damit war der Spuk glücklicherweise auch vorbei! Wir machten uns zügig, aber immer noch mit schlotternden Knien auf den Weg zum Auto (wir kamen auch irgendwann tatsächlich an \o/) und dann bloß noch raus aus Karlsruhe! Heute lese ich, dass bei einer wohl ähnlichen Attacke einem HSV-Fan die Kniescheibe zerschlagen wurde und bin einfach nur dankbar, dass wir auf die Polizisten zurückgreifen konnten.
Versteht mich nicht falsch: Ich weiß, dass es auf HSV-Seite genug Idioten gibt, die solche Scharmützel mit Freuden angenommen hätten, aber für mich steht fest: Einmal Karlsruhe und nie wieder!
NUR DER HSV!
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