neun Monate sind mittlerweile ins Land gezogen, seit ich dir das letzte Mal schrieb. Wir gaben unserer Beziehung nochmal eine Chance, wollten an uns arbeiten und ich sah uns auf einem, wenn auch sehr holprigen, konstruktiven Weg. Und jetzt das…
Ich weiß, dass wir miteinander neue Wege gehen müssen, dass dabei auch Opfer zu bringen sind. Ich will es ja auch, dass die Mannschaft verjüngt wird und ich verstehe, wenn dann der Vertrag eines 36-jährigen Torwarts nicht verlängert wird. Das ist ok, auch wenn ich eine andere Lösung präferiert hätte. Was ich aber nicht verstehe und was mich gerade ganz gewaltig ankotzt, ist die Art und Weise, wie du diese Trennung durchziehst.
Du kannst mir nicht erzählen, dass du dich in den letzten drei Tagen erst entschieden hast, Drobnýs Vertrag nicht zu verlängern. Vielleicht war es so, dass erst die Personalie Knäbel beendet werden sollte. Aber ehrlich gesagt ist mir das scheißegal. Du hast es gründlich versaut, einem verdienten Spieler den Abschied zu schenken, den er sich mit harter Arbeit und großer Loyalität verdient hat. Und du hattest die Chance – am Sonnabend, vor ausverkauftem Haus. Aber du warst zu feige. Zu feige, weil dann hätte herauskommen können, dass Knäbel gehen muss. Oder gar zu feige, dich der Fanreaktion zu stellen?
Im Laufe der letzten Monate hast du immer wieder betont, dass wir alle eine große Familie sind, wie toll doch die Unterstützung ist und dann schaffst du es nicht ein Mal ehrlich zu sein. Die gesamte Nord hätte gerne Drobný ebenso (oder vielleicht sogar noch mehr) wie Ivica Olic und Artjoms Rudnevs gefeiert, aber nein, so viel Entgegenkommen war dann doch nicht drin, wo kämen wir denn da hin? Unfassbar peinlich.
Für mich persönlich kommt noch dazu, dass mit Drobo der einzige Spieler geht, mit dem ich mich noch identfizieren konnte. Was bleibt mir jetzt noch? Die Liga ist weitestgehend langweilig. Der dauernde Abstiegskampf der vergangenen Jahre hat so sehr an meinen Nerven gezerrt, dass ich es jetzt nicht mal mehr übers Herz bringe über die Weseraner zu spotten. Die hohlen Phrasendrescher und Pöbler im Stadion hinter mir gehen mir immer mehr auf den Keks. Die Stadionshow ist mir ein Graus. Mir gehen die Emotionen aus, vielleicht habe ich für dich auch einfach keine mehr übrig.
Ich stehe im Block und singe. Weil sich das so gehört im Fanblock. Aber es wird immer mechanischer. Die Lieder und Chants sind so tief in mir drin, dass es quasi ein Automatismus ist. Emotion war bei mir zu über 90% nicht dabei. Und dann wünschte ich, es wäre mir alles endlich egal. Ist es aber (noch) nicht. Ich rege mich weiterhin über den Scheiß auf. Hurra, eine Emotion! Aber keine positive. Davon gab es diese Saison verdammt wenig. Zwei gewonnene Derbys, der gehaltene Elfer von Drobo (er nu wieder) gegen Pizarro, Rudis Comeback (wenn auch nur kurz), Gideon Jung. Selbst die Heimsiege gegen den BVB und Hertha waren mir merkwürdig egal. Klar, ich freute mich. Ich freute mich wie für einen alten Bekannten, der gute Neuigkeiten verkündet.
Ich bin unsicher. Werde ich irgendwann wieder ein echter Teil des HSV sein und mich auch so fühlen? Sollte ich meinen Stehplatz räumen bzw. freigeben für andere, die vielleicht lauter schreien, emotionaler sind? Was macht mich noch zum HSVer? Lieber HSV, ist unsere Beziehungstherapie gescheitert? Ich weiß es nicht mehr.
P.S. Lieber Jaroslav! Danke! Danke für alles, was du dem HSV und somit auch mir gegeben hast. Ich hoffe sehr, dass dich dein Weg bald wieder zurück nach Hamburg führt und man sich dann hier an das Versprechen des Trainerjobs hält. Ich bleibe dein Fangirl.
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